Online seit 21.09.2020; LAG Nürnberg, 22.01.2020, 6 Sa 297/19:
Vorsicht bei einem bewusst falschen Tatsachenvortrag im Prozess, um eine günstige Entscheidung des Gerichtes zu erreichen. Ein solcher kann einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen.
Der Arbeitnehmer hatte zuvor vortragen lassen, er sei in der Vergangenheit überhälftig für bestimmte Arbeiten eingesetzt worden. Nachweislich war dies aber nicht der Fall. Dabei ging es zu nächst nur um die Beschäftigungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers. Diesen Vortrag nahm der Arbeitgeber dann zum Anlass, eine Kündigung auszusprechen.
Das Gericht wertete die vorsätzliche Falschaussage als „Prozessbetrug“, da der Kläger eine für ihn günstige Entscheidung des Gerichtes durch diese Falschaussage beeinflussen wollte.
Es stellte in seiner Entscheidung heraus, dass die vorsätzlich unwahre Sachverhaltsdarstellung in einem gerichtlichen Verfahren regelmäßig die außerordentliche Kündigung rechtfertige, da diese das notwendige Vertrauensverhältnis im Arbeitsverhältnis erheblich störe und der Erklärende nicht davon ausgehen könne, dass die Gegenseite solches hinnehmen werde. In einem solchen Fall würden die Interessen des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer nicht weiter fortsetzen zu müssen, grundsätzlich die des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäftigung überwiegen.
Diese Entscheidung ist beachtenswert, da es gelegentlich im arbeitsgerichtlichen Prozess von beiden Seiten mit der Wahrheit nicht ganz so genau genommen wird. Die möglichen Konsequenzen eines solchen Verhaltens führt die oben genannte Entscheidung eindrucksvoll vor Augen. Sie zeigt umso mehr, wie wichtig die anwaltliche Begleitung – egal ob für den Arbeitnehmer oder Arbeitgeber – im arbeitsgerichtlichen Verfahren durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht ist.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gelsenkirchen
Helge Nitsche